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Szenenfoto aus ›Maskerade‹ mit Adolf Wohlbrück
Quelle: Deutsche Kinemathek

Epoche machende Bewegungsstudien

Inhalt

Adolf Wohlbrück war nicht nur ein geschätzter Schauspieler seiner Zeit. Der 1896 geborene und 1967 gestorbene Wiener wurde posthum auch eine Schlüsselfigur in der neurologisch-psychiatrischen Forschung zu Adolf Hitlers Parkinson-Erkrankung: Um den Gesundheitszustand des Diktators besser zu verstehen, verglich die Ärztin und Universitätsprofessorin Ellen Gibbels Hitlers Bewegungen mit denen einer »gesunden Kontrollperson«. Dazu nutzte sie Aufnahmen aus 39 Filmen, in denen Wohlbrück zwischen 1931 und 1966 mitgespielt hatte.

Besonders fasziniert war die Forscherin von seinem Auftritt im österreichischen Film ›Maskerade‹ von 1934, inszeniert von Willi Forst. Der schwierige, aber elegant ausgeführte Linkswalzer Wohlbrücks symbolisierte einen starken Kontrast zu Hitlers Steifheit. Dieses Interesse führte zu einer detaillierten Untersuchung der Einschränkung des Bewegungsbildes Hitlers, die Gibbels gemeinsam mit ihrer Kollegin Elisabeth Hettwer durchführte.

Heute bildet diese Arbeit das Herzstück unseres Adolf-Wohlbrück-Archivs. Neben Schriftwechseln, Repro-Negativen, VHS-Kassetten und historischer Literatur umfasst es auch Rechercheunterlagen zum Privatleben wie zur Theater-, Film- und Fernseharbeit des Schauspielers.

Dessen Darstellungen, die in der filmhistorischen Literatur immer wieder herausgehoben werden, zeigen vor allem seine Vielseitigkeit: von gelassener Souveränität bis hin zu einem schwebenden Tanz auf der Leinwand. Besonders hervorzuheben ist sein Durchbruch im Tonfilm, der ihn dank seiner stattlichen Erscheinung und markanten Stimme zum »schönsten Mann im deutschen Film« der 1930er-Jahre machte.

Wohlbrück, der 1936 über Frankreich und die USA als Anton Walbrook nach England emigrierte, war in Deutschland ein gefeierter Star – trotz seines jüdischen Hintergrunds und der rassistischen Politik der Nationalsozialisten. Zeitlebens war er darum bemüht, sich als Schauspieler ohne sichtbare Vergangenheit und ohne Privatleben zu stilisieren. Für seine Fans blieb sein Leben darum ein Geheimnis. Die von Gibbels und Hettwer erstellte Monografie dient bis heute als wertvolle Quelle für Publikationen über Leben und Werk.

Rolf Aurich

wuchs mit Schulfilmen der 1940er- und 1950er-Jahre auf und ging während des Studiums täglich ins Kino, wo er sich alsbald als Kartenabreißer ein Zubrot verdiente. Die Herausgabe einer nichtkommerziellen Filmzeitschrift bildete die Grundlage für vieles, was später kam, auch für die Arbeit als wissenschaftlicher Redakteur an der Kinemathek.

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