Filmspotting: Edition ArchiVistas
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Die April-Ausgabe von Filmspotting/ArchiVistas erinnert an den Mimen, Kabarettisten, Regisseur, Moderator und Satiriker Wolfgang Neuss. Mit ›Genosse Münchhausen‹ - einem seiner letzten Filme von insgesamt 55 - setzt Neuss mit Witz und Intellekt dem oft und zu Recht negativ rezipiertem deutschen Nackriegsfilm etwas entgegen.
Bauer Puste (Wolfgang Neuss) beackert einen halben Morgen Land im kapitalistischen Westen, die andere Hälfte, getrennt durch Stacheldraht, gehört der LPG. Ein Wettstreit der Systeme, der sich in fulminanten dramaturgischen Kapriolen niederschlägt.
So stürzt Oskar Puste aus dem Westteil des Landes als »Wetterbeobachter« über der Sowjetunion ab, danach geht es nach Moskau und dann fast zur Venus aber letztendlich doch nur nach Sylt und wieder zurück auf den halben Morgen Land aber diesmal den anderen. Vom LPG-Leistungsfanatismus über die allgegenwärtige Spionage bis hin zur bemannten Raumfahrt kommt alles auf den Tisch, was die Boulevardblattschlagzeilen der Zeit zu bieten hatten.
›Genosse Münchhausen‹ ist ein Film seiner Zeit. Der Kabarettist Wolfgang Neuss, der neben Regie und Drehbuch auch die Hauptrolle übernahm, befasst sich in Anlehnung an die Münchhausen-Legende mit der deutschen Teilung. Eine groteske Episodenreise in Schwarz-Weiß bei der immer auch ein Stück Brecht’sches Lehrtheater durchschimmert. Leider viel zu selten im Kino zu sehen.
Vor dem Film: Olaf Saeger und der Versuch, Wolfgang Neuss zu erklären
Warum dieser Film?
»Der westdeutsche Nachkriegsfilm – für mich eine Zumutung. Ich hatte die Aufgabe, den 35mm-Bestand eines Verleihs zu prüfen. Was ich sah, war seichte Unterhaltung, betuliche Komödien, Vertriebenenschicksale ohne Hintergrund und Rassismus als exotische Schönmalerei getarnt.
Aber darunter zwei Perlen: ›Mister Dynamite‹ unfreiwillig komisch und, ich konnte es kaum fassen, ›Genosse Münchhausen‹! Ein intelligenter Film, der die Schrecken und Absurdität der deutschen Teilung berührend-komisch in Szene setzt. Ich hatte den Film zuletzt 1988 in der Ufa-Fabrik gesehen, da machte Wolfgang Neuss selbst die Einführung (angesetzt war eine halbe Stunde, es wurden zwei draus) von Krankheit gezeichnet, aber Mundwerk und Gehirn fit wie eh und je. Ein halbes Jahr später war ich auf seiner Beerdigung.« (Olaf Saeger, Filmarchiv der Deutschen Kinemathek)
Anlässlich des 60. Jubiläums 2023 der Deutschen Kinemathek und der 10 Jahre »Filmspotting« erfährt das Format eine neue Ausrichtung. Die monatliche Filmauswahl trifft nun jeweils ein*e andere*r Mitarbeiter*in des Filmarchivs. Niemand kennt den Bestand so genau wie die Mitarbeiter*innen selbst, denen er anvertraut ist und die sich jeden Tag mit ihm beschäftigen. Diese »persönliche« Seite des Archivs soll einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden und überraschende Sichtweisen vermitteln. Zudem werden ergänzende Beiträge zu den Filmen im Online-Magazin »Insights« der Kinemathek vorgestellt.
›Genosse Münchhausen‹, BRD 1962, Regie: Wolfgang Neuss
35 mm, OV, 89 Min., mit Wolfgang Neuss, Corny Collins, Ingrid van Bergen, Peer Schmidt, Wolfgang Wahl, Johanna König, Balduin Baas, Rainer Brandt, Peter Frankenfeld, Hansjörg Felmy
Einführung: Olaf Saeger
Mo, 24. April 2023, 19:00, Kino Arsenal
Potsdamer Straße 2, 10785 Berlin, Tickets: 8,50 €