Josef-Fenneker-Archiv
Über die Sammlung
Der Maler, Grafiker, Ausstatter und Bühnenbildner Josef Fenneker (1895–1956) zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten des künstlerischen Filmplakats der 1910er- und 1920er-Jahre. Seine Auftraggeber waren vor allem das am Berliner Kurfürstendamm gelegene Uraufführungskino Marmorhaus sowie Berliner Filmproduktionsfirmen. Fenneker verarbeitete in zahlreichen seiner Plakate Einflüsse aus dem Expressionismus, dem Kubismus und dem Futurismus, dem Art déco und dem Jugendstil. Nicht zuletzt dieser Stilreichtum macht die Werke zu eindrucksvollen Dokumenten, die längst auch zur Illustration und atmosphärischen Schilderung der Weimarer Republik herangezogen werden.
Die Sammlungen der Deutschen Kinemathek beherbergen den weltweit einzigen nahezu vollständig überlieferten Bestand der von Josef Fenneker geschaffenen Filmplakate. Die rund 340 Plakate (Farblithografien) sowie zahlreiche originale Plakatentwürfe Fennekers befinden sich zum Teil in fragilem Zustand und können daher der Öffentlichkeit nicht mehr vollständig im Original präsentiert werden.
Mit dieser Online-Publikation werden die genannten Bestände, die für die filmwissenschaftliche und kunsthistorische Forschung (insbesondere zur Reklamegeschichte) ebenso bedeutsam sind wie im Hinblick auf die Berliner Kino- und Stadtgeschichte, der interessierten Öffentlichkeit und der internationalen Fachwelt erstmals vollständig und miteinander verknüpft, bestandsschonend und in zeitgemäßer Form zur Verfügung gestellt werden. Texte zu Leben und Werk Fennekers sowie eine vollständige Bibliografie ergänzen die Präsentation.
Galerie
Biografie
1896–1918: Jugend und Ausbildung
Josef Fenneker wurde am 6. Dezember 1895 in Bocholt/Westfalen geboren. Bereits im Abschlusszeugnis der dortigen Diepenbrockschule wurde dem Vierzehnjährigen großes zeichnerisches Talent bescheinigt. Sein Onkel war der Architekt und Kirchenmaler Anton Marx. Ab 1912 besuchte Fenneker die Kunstgewerbeschule in Münster. Von April bis August 1913 wechselte er an die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, ab 1913 studierte er an der Kunstakademie in München. Mit seiner Einziehung zum Militärdienst musste Fenneker im Jahr 1915 seine Ausbildung unterbrechen. Im Juni 1917 wurde er als Kriegsverletzter entlassen. Drei Monate später zog er nach Berlin, wo er Meisterschüler von Emil Orlik an der Staatlichen Lehranstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums wurde. Finanzielle Unterstützung erhielt er dabei durch ein Stipendium der damaligen Generalverwaltung der Königlichen Museen zu Berlin. Werke aus diesen Jahren sind nicht bekannt.
1918–1924: Gebrauchsgrafiker und Dekorationskünstler
Die ersten nachweisbaren Zeugnisse von Josef Fennekers künstlerischem Schaffen entstanden im Auftrag der Universum Film AG (Ufa) für deren Berliner Kinos (Union-Theater, Mozartsaal, Kammerlichtspiele); im Juli 1918 hingen seine ersten Filmplakate an den Litfaßsäulen der Stadt (»Der Prozeß Hauers«, »Vater und Sohn«, »Sein eigenes Begräbnis«). Zwei Monate später verpflichtete die Ufa ihn fest als »Propaganda-Zeichner für ihre Lichtspieltheater« (›Lichtbild-Bühne‹, 11. Jg., Nr. 34, 24.8.1918, S. 72). Im darauffolgenden halben Jahr entstanden mehr als vierzig Filmplakate, mit denen Fenneker nicht nur das Interesse von Publikum und Fachpresse auf sich zog, sondern auch das von weiteren Auftraggebern. Auch der damalige Direktor des Berliner Marmorhauses, Siegbert Goldschmidt, wurde auf ihn aufmerksam und holte ihn im Januar 1919 an sein Haus. Die folgenden sechs Jahre gelten als Fennekers produktivste und innovativste Schaffensphase als Gebrauchsgrafiker und Dekorationskünstler. In dieser Zeit entwarf er mehr als einhundertvierzig Filmplakate allein für das Marmorhaus. Daneben verantwortete er die Um- und Neugestaltung von fünf Lichtspielhäusern, die alle unter der Leitung von Siegbert Goldschmidt standen: das Theater am Moritzplatz (1919), die Kant-Lichtspiele in der Kantstraße 54 (1920), die Decla-Lichtspiele am Antonplatz in Berlin-Weißensee (1920), die Decla-Lichtspiele Unter den Linden 21 (1920) sowie das Filmeck in der Skalitzer-/Ecke Zeughofstraße (1921). Als Vorstandsmitglied des Luna-Parks am Berliner Halensee beauftragte Goldschmidt Fenneker außerdem von 1920 bis 1922 jeweils mit der Künstlerischen Gesamtleitung dieses damals größten Vergnügungsparks in Europa.
1921 organisierte Fenneker eine erste Einzelausstellung in der Berliner Buch- und Kunsthandlung Reuß & Pollack am Kurfürstendamm 220. Auch auf der Plakatkunstausstellung »Film-Reklame«, die im Januar und Februar 1924 im Club der Filmindustrie in der Berliner Friedrichstraße gezeigt wurde, war er vertreten.
Mit dem wirtschaftlichen Ruin Goldschmidts, dem die Liquidierung der Marmorhaus Theater GmbH und die Räumung des Marmorhauses im November 1924 folgten, verlor Fenneker seinen bis dahin wichtigsten Auftrag- und Geldgeber. Seine Zeit als meistbeschäftigter Berliner Plakatgrafiker in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg endete damit abrupt.
1925–1933: Neuorientierung
Aufgrund der prekären Auftragslage, mit der Fenneker konfrontiert war, realisierte er im Jahr 1925 lediglich acht Filmplakate zu vier Filmen. Auch andere Kinobetreiber gaben fortan keine Plakate mehr bei ihm in Auftrag; lediglich für Verleih- und Produktionsfirmen konnte er weiterhin arbeiten. Den fast zweihundertfünfzig Werken, die zwischen 1918 und 1924 entstanden waren, stehen für den Zeitraum von 1925 bis 1932 nur neunzig Plakate gegenüber.
Als Reaktion auf diese Situation wandte Fenneker sich allmählich dem Theater zu. 1927 hatte er erste Erfahrungen als Ausstatter am Filmset von ›Dirnentragödie‹ (D 1927, Regie: Bruno Rahn, mit Asta Nielsen in der Hauptrolle) gesammelt. Ein Jahr später schuf er das Bühnenbild für die Revue ›Schön und schick‹, die von Hermann Haller im Berliner Admiralspalast inszeniert wurde.
Daneben erteilte er Zeichenunterricht in seinem Atelier und Wohnhaus in Drewitz bei Potsdam, wo er seit Mitte der 1920er-Jahre mit seiner Frau Charlotte Peckolt lebte. Die beiden waren seit 1921 miteinander verheiratet. In jener Zeit fertigte Fenneker zahlreiche Mode- und Pressezeichnungen für die Zeitschriften ›Jugend und Simplicissimus‹, aber auch eine Fülle freier künstlerische Arbeiten (Grafiken, Öl- und Aquarellbilder) an.
Die Bauten, die Josef Fenneker für den Film ›Zwischen Nacht und Morgen‹ (D 1931, Regie: Gerhard Lamprecht) entworfen hatte, ebneten ihm schließlich den Weg ans Theater: 1932 erhielt er ein Engagement ans Preußische Staatstheater am Berliner Gendarmenmarkt, wo er mit der Ausstattung von Shakespeares ›Othello‹ seine erste Arbeit als Bühnenbildner lieferte. Dort lernte er auch Heinrich George kennen, der während der NS-Zeit bedeutsam für ihn wurde.
1933–1945: Bühnenbildner und Propagandakünstler
Weder eine Mitgliedschaft Josef Fennekers in der NSDAP noch persönliche Äußerungen, die seine politische Gesinnung offenbaren, sind belegt. Allerdings konnten Künstler während der NS-Zeit nur dann Aufträge erhalten bzw. auf Ausstellungen vertreten sein, wenn sie Mitglied der »Reichskammer der bildenden Künste« (einer Abteilung der »Reichskulturkammer«) waren. Da dies ohne Bekenntnis zum nationalsozialistischen Ideengut nicht möglich war, ist anzunehmen, dass Fenneker sich mit den Forderungen des Regimes mindestens arrangierte, um seinen Beruf weiter ausüben zu können.
Aus den Jahren 1933 bis 1935 sind mehr als fünfzig von Josef Fenneker gestaltete Filmplakate überliefert, deutlich mehr als aus den Vorjahren. Diese Entwicklung stand offensichtlich im Zusammenhang mit seiner Vermarktung als »Propaganda-Künstler« des NS-Regimes; diese Bezeichnung bezog sich in erster Linie auf Künstler, die die von den Nationalsozialisten propagierten Vorgaben erfüllten – im Gegensatz beispielsweise zu den nicht-»reichsdeutschen« Künstlern (vgl. dazu den Artikel »Propaganda: Fennecker« [sic], in: ›Film-Kurier‹, 16. Jg., Nr. 166, Berlin 18.7.1934). Im gleichen Kontext stehen die 1934/35 entstandenen, teilweise polemischen Beiträge Fennekers im Völkischen Beobachter zu seiner Tätigkeit als Filmplakatkünstler und zu seinen ästhetischen Vorstellungen.
In der ›Gebrauchsgraphik‹ und im ›Illustrierten Filmkurier‹ erschienen Artikel, die ihn als den »befähigsten Filmplakatkünstler Deutschlands« priesen (»Joseph Fenneker«, in: ›Gebrauchsgraphik‹, 12. Jg., Nr. 4, 1935, S. 2). Dennoch blieben Fennekers Arbeiten zu NS-Propagandafilmen wie ›Hans Westmar. Einer von vielen. Ein deutsches Schicksal‹ aus dem Jahre 1929 (D 1933, Regie: Franz Wenzler) und ›Der Schimmelreiter‹ (D 1933, Regie: Hans Deppe, Curt Oertel) Ausnahmen.
Unter dem NS-Regime erhielt er zahlreiche Gelegenheiten, als Bühnenbildner zu arbeiten: Nach Engagements am Preußischen Theater der Jugend (1933) und an der Volksbühne (1934) in Berlin wechselte er 1935 an die Duisburger Oper. In den drei Jahren, die er dort verbrachte, widmete er sich immer seltener der Plakatkunst. 1938 kehrte Fenneker an das »Schiller-Theater der Reichshauptstadt Berlin« zurück, wohin ihn der damalige Intendant Heinrich George geholt hatte. Ebenso wie dieser zählte Fenneker zu den Lehrbeauftragten an der 1938 in Betrieb genommenen »Deutschen Filmakademie Babelsberg«, die aufgrund des Krieges Anfang 1940 geschlossen und 1944 endgültig aufgelöst wurde. Die kriegsbedingte Schließung aller deutschen Theater im August 1944 zwang Fenneker schließlich zu einer Schaffenspause.
1946–1956: Nachkriegsjahre
Als Plakatkünstler trat Josef Fenneker nach dem Krieg kaum noch hervor. Acht Plakate sind aus jener Zeit überliefert, nur zwei davon sind Filmplakate (»Affaire Blum«, 1948, und »Hoffmanns Erzählungen«, 1951). Trotz seiner Erfolge während der NS-Zeit gelang es ihm schon bald, wieder als Bühnenbildner Fuß zu fassen: 1946 verantwortete er die Ausstattung von drei Inszenierungen an der Städtischen Oper Berlin. 1947 blieben Aufträge aus, bevor 1948 erneut feste Engagements an der Städtischen Oper und an der Komischen Oper Berlin folgten. 1953 übernahm Fenneker die Leitung des Ausstattungswesens an den Städtischen Bühnen Frankfurt am Main. Gastaufträge führten ihn in den folgenden Jahren nach Stockholm, Helsinki und Mailand. Mehr als siebzig Bühnenbilder schuf Fenneker zwischen 1946 und 1956, zusammen mit den Arbeiten der Jahre vor und während des Zweiten Weltkriegs verantwortete er die Bühnenbilder von hundertdreiundsechzig Theaterinszenierungen. Sein Œuvre als Plakatkünstler umfasst mehr als vierhundert Werke, darunter rund dreihundertfünfundsechzig Filmplakate.
Am 9. Januar 1956 starb Josef Fenneker in Frankfurt am Main an einem Herzinfarkt. Während er in den Nachrufen als der »im Malerischen Ursprünglichste, Besessenste, Erfinderischste – ein Geist von spanischbarocken Ausmaßen, ein Nachfahre Francisco Goyas« (›Die Zeit‹, 19.1.1956) gewürdigt wurde, fand sein herausragendes Plakatwerk keinerlei Erwähnung mehr.
Werkbiografie
Plakatkünstler Josef Fenneker
Josef Fenneker begann seine künstlerische Laufbahn mit der Gestaltung von Filmplakaten. Diese insgesamt 364 nachweisbaren Werke machen mehr als achtzig Prozent seines grafischen Œuvres aus und entstanden zu einem großen Teil in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg bis 1925 in Berlin. Der Stummfilm erreichte damals ein immer größer werdendes Publikum, und die Plakatkunst erlebte einen ihrer Höhepunkte: Neben Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften waren Filmplakate für Kinos und Verleiher das wichtigste Werbemittel, das auf Litfaßsäulen und anderen Flächen vor allem in den Großstädten enorme Verbreitung fand. Die Nachfrage nach Fennekers Entwürfen war damals so groß, dass er zeitweise innerhalb einer Woche drei Plakate fertigstellte. Die künstlerische Gestaltung von Filmplakaten betrachtete er »als eine der interessantesten Aufgaben auf dem Gebiete der angewandten Kunst […]. Aus dem lebendigen Wesen des Films sind in hohem Maße die Möglichkeiten gegeben, Phantasie und Farben anzuwenden, um Plakate von großem Reiz und frappierender Eigenart zu schaffen, ja solche, die kaum vergessen werden können.« (J. Fenneker, in: ›Gebrauchsgraphik‹, Nr. 4, 12. Jg., 1935, S. 2 und 4).
Zu Fennekers Arbeitsweise
Im Gestalten von Filmplakaten erkannte Fenneker die Möglichkeit, sich intensiv mit der Darstellung von Menschen und ihren Gefühlen zu beschäftigen. Lediglich drei seiner Plakate konzipierte er vollständig ohne Figuren (»Die fünfte Straße«, »Die Waffen nieder!«, »Ringende Seelen«). Auch auf seinen Veranstaltungsplakaten steht der Mensch im Zentrum; Sach- oder politische Plakate fehlen im Spektrum von Fennekers Gebrauchsgrafiken. Als Inspirationsquelle für die Filmplakate nutzte er vor allem Szenenfotos und Schauspielerporträts, die seine Auftraggeber ihm zur Verfügung stellten. Die Fotomontage kam als Gestaltungstechnik jedoch nicht für ihn infrage: Er verstand sich als Plakatkünstler, der seine Entwürfe ausschließlich mit zeichnerischen und malerischen Mitteln ausführte. Dabei ging er in zwei Schritten vor: Zunächst realisierte er skizzenhafte Vorstudien (beispielsweise »Dirnentragödie«), denen detaillierte, in Deckfarben gemalte kleinformatige Entwürfe folgten. Diesen fehlt gegenüber der finalen Version meist lediglich die Schrift, ansonsten sind sie mit dieser in der Regel identisch (»Der rote Reiter«, »Liebe im Ring«).
Zwei unterschiedliche Druckverfahren standen damals zur Verfügung: bis Mitte der 1920er-Jahre die Farblithografie, später dann der Offsetdruck. Die Lithografie kam Fennekers zum Teil experimentellen und unkonventionellen Arbeiten der frühen Jahre entgegen, weil diese Technik es ihm ermöglichte, die Übertragung des Entwurfs auf die Drucksteine zu kontrollieren und den Farbauftrag zu modifizieren.
Im Jahr 1918 wurden Fennekers Plakate ausschließlich von der Lithografieanstalt Hollerbaum & Schmidt gedruckt. Mit seinem Wechsel zum Marmorhaus im Jahr 1919 übernahmen zunächst Dinse & Eckert die Aufträge, ab 1922 dann vor allem Paul Eckert, der sich inzwischen selbstständig gemacht hatte. Über die Verleihfirmen, für die Fenneker ab 1925 Plakate entwarf, kam außerdem die Druckerei Lindemann & Lüdecke hinzu sowie Paul Grasnik, der sich auf den Offsetdruck spezialisiert hatte. Auch mit der Offsetdruckerei August Scherl arbeitete Fenneker häufig zusammen. Etwa ab 1930 wurden seine Entwürfe nur noch im Offsetdruck produziert, was dem sich wandelnden Zeitgeschmack sowie ökonomischen Aspekten geschuldet war.
Fennekers frühe Filmplakate waren fast ausschließlich in Berlin zu sehen. Da sie auf ein zahlungskräftiges Kinopublikum zielten, hingen sie vor allem im Umkreis der Uraufführungskinos im Berliner Westen. Ab Ende der 1920er-Jahre waren Fennekers Auftraggeber nicht mehr Kinobetreiber, sondern Verleihfirmen (unter ihnen Universum-Film-Verleih, Terra-Film, Parufamet, Europa Filmverleih, Deulig-Verleih, Metropol-Filmverleih und Märkische Film GmbH); entsprechend fanden die Plakate vereinzelt auch überregionale Verbreitung; dies gilt beispielsweise vermutlich für diejenigen zu dem Film ›Zwischen Nacht und Morgen‹, von denen sich Exemplare auch in Münchener und Hamburger Sammlungen erhalten haben.
Den Großteil seiner Plakate übertrug Josef Fenneker in die »Berliner Formate« V (70 x 95 cm) und VI (142 x 95 cm, aus zwei Druckbögen montiert), die sich damals gegenüber einer Vielzahl existierender Formate in Berlin durchgesetzt hatten – weniger aufgrund der zunächst erfolglosen Bemühungen des »Normenausschusses der deutschen Industrie« zur Vereinheitlichung der Plakatgrößen, sondern vielmehr aufgrund der »Berliner Anschlagwesen- und Reklame A.G.«, die de facto das Anschlagsmonopol für Berlin innehatte. Erst in den 1940er-Jahren wurde mit der Neuordnung der DIN-Normen auch überregional ein DIN-Format für Filmplakate verbindlich.
Häufig entwarf Fenneker pro Film mehrere Plakatversionen für die jeweils unterschiedlichen Zielgruppen: für das Kinotheater bzw. die Verleihfirma (»Der Richter von Zalamea«) oder für den Aushang in der Hauptstadt bzw. in der Provinz (»Die drei Portiermädel«, Hochformatfassung). Zwischen 1922 und 1924 ließ das Marmorhaus außerdem ein zweiteiliges Sonderformat (140 x 50 cm) herstellen, das jeweils einen ganzen Streifen auf den Litfaßsäulen belegte.
Anfänge
1918, im ersten Jahr seines Schaffens, entwarf Josef Fenneker innerhalb von sechs Monaten mehr als vierzig Filmplakate für die im Jahr davor gegründete Universum Film AG (Ufa) bzw. deren Kinos. Bemerkenswert war die Virtuosität, mit der er diese Aufgabe ausführte, und die Sicherheit, mit der er den Nerv der Zeit traf. Bereits im Januar 1919 bezeichnete der Autor Heinrich Inheim Fenneker als »den kommenden Mann für das Filmplakat« (H. Inheim: »Das Berliner Plakatjahr 1918«, in: ›Das Plakat‹, Nr. 1, 10. Jg., 1919, S. 74). Inhaltlich konzentrierte Fenneker sich in jenen Jahren auf Porträtplakate von Filmstars wie Pola Negri (»Carmen«) oder Albert Bassermann (»Lorenzo Buchhardt«). Vereinzelt realisierte er auch Ganzfiguren-Porträts (»Henriette Jacoby«). Die Darstellung von zwei oder mehreren Figuren bleibt dagegen auf wenige Ausnahmen beschränkt. Die Platzierung der Schrift wirkt auf Fennekers frühen Filmplakaten mitunter noch unbeholfen, manchmal ist sie kaum lesbar (»Clown Charlie«).
Den Werken ist ein skizzenhafter Duktus eigen, der an überdimensionale Kohlezeichnungen denken lässt. Charakteristisch sind die großzügigen Schraffuren, unterbrochenen Linien und die vorwiegend monochrome Umsetzung. Mit Farbe werden lediglich Akzente gesetzt (z. B. »Der Stellvertreter«). Da opake Flächen fehlen, bestimmt vor allem der sichtbare Papiergrund die Wirkung. Expressionistische Elemente sind dekoratives Beiwerk, wie im Kostüm und Hintergrund von »Die Nonne und der Harlekin«. In ihnen zeigt sich der Einfluss von Fennekers Lehrer Emil Orlik und seiner Kollegen Ludwig Kainer oder Paul Scheurich. Dennoch bleiben die Figuren in ihrer Darstellung körperlich-realistisch, teilweise schon mit der expressiven Körpersprache, die zum Charakteristikum von Fennekers Plakaten der folgenden Jahre werden sollte.
Marmorhaus Berlin
Mit den ersten Plakaten für das Marmorhaus am Berliner Kurfürstendamm – »Siegerin Weib« (1918) und »Hyänen der Lust« (1919) – veränderte Fenneker seine Handschrift: Die Farbe wurde zum tragenden Gestaltungselement, und die skizzenhafte Linienführung wich einem aquarellhaften Pinselstrich. Der nun deckende schwarze Hintergrund wurde zu Fennekers Markenzeichen.
Mit »Hyänen der Lust« (1919) hielt eine Kombination von Themen Einzug in sein Werk, die für seine Arbeiten der folgenden Jahren zentral werden sollte: zahlreiche Todessymbole in einer morbide wirkende Umgebung, häufig mit einer erotischen Komponente verquickt. Typisch für diese Atmosphäre ist Fennekers Plakat zu ›Hyänen der Lust‹ (2. Teil von ›Der Weg, der zur Verdammnis führt‹, D 1919, Regie: Otto Rippert); die Besonderheit seiner Interpretation offenbart sich insbesondere im Vergleich zu einem von seinem Kollegen Wolfgang Kirchbach (1857–1906) stammenden Plakat zum gleichen Film. Während jener trotz des reißerischen Titels dieses sogenannten Aufklärungsfilms auf sexuelle Implikationen vollständig verzichtet und stattdessen die weibliche Hauptfigur, verzweifelt auf dem Boden kauernd, ins Zentrum rückt, deutet Fenneker mit seiner Darstellung der lasziv sich räkelnden jungen Frau und dem sich ihr nähernden Skelett den Zusammenhang von Sexualität und Tod an; offen lässt er dabei, ob die Haltung der Frau Erschrecken oder Wollust ausdrückt – die Interpretation der in dieser motivischen Verdichtung der Filmhandlung anklingenden gesellschaftlichen Tabuthemen überlässt er dem Betrachter.
Auf Unverfänglichkeit zielende Bildkompositionen interessierten Fenneker in jenen Jahren nicht; wo immer die Handlung eines Films entsprechende Elemente aufwies, verarbeitete er diese zu spannungsvoll-morbiden, mit erotischen Erwartungen des Betrachters spielenden Plakatmotiven.
Aus den Fotomaterialien, die ihm zu den Filmen vorlagen, filterte er einzelne Motive, die er favorisierte, und aus denen er jeweils neue, an die Filmhandlung teilweise nur lose angelehnte Bildlösungen entwickelte. Nachvollziehbar werden diese Abweichungen im Vergleich mit erhaltenen Szenenfotos, wie beispielsweise im Fall des Filmplakats zu ›Der Graf von Cagliostro‹ (A, D 1920, Regie: Reinhold Schünzel): Von der auf dem Foto erkennbaren Monumentalarchitektur, vor der die Akteure wie Marionetten wirken, ist auf dem Plakat nichts zu sehen. Stattdessen zeigt Fenneker ein Duell in Nahaufnahme; die Kontrahenten stehen einander auf der Diagonalen gegenüber, wodurch der Degenstoß effektvoller gezeigt werden kann. Die Verlegung dieser im Film bei Tageslicht stattfindenden Szene in die Nacht steigert die Dramatik.
Die herausragende Qualität des Großteils seiner Plakate für das Marmorhaus erzielte Fennekers mit einem Kunstgriff: Er löste die Figuren aus der filmischen Handlung und inszenierte sie in einem neuen Zusammenhang; das funktionierte selbst bei Plakaten zu Filmen, denen die Kritik nur Mittelmäßigkeit bescheinigte. Unabhängig von der expressionistischen Formensprache, die Fenneker auf zahlreichen seiner Plakate verwendete, dienten diese in der Mehrzahl der Bewerbung von in ästhetischer Hinsicht eher konventionellen Filmen. Tatsächlich ist ›Genuine‹ (D 1920, Regie: Robert Wiene) einer der wenigen dem Expressionismus konkret zuzurechnenden Filmen, zu denen Fenneker ein Plakat gestaltete.
Darüber hinaus verarbeitete er auch Einflüsse aus dem Kubismus, dem Futurismus, dem Art déco und dem Jugendstil; generell ließ Fenneker sich bei der Wahl seiner Stilmittel von der Handlung und dem Titel des Films sowie den verfügbaren Fotografien inspirieren.
Während 1918 noch bekannte Schauspielstars als Hauptmotiv auf den Plakaten dominierten, rückten bereits ein Jahr später meist zwei bis drei Protagonisten ins Zentrum der Interaktion. Die expressive Überzeichnung und verfremdende Farbgebung, mit der Fenneker diese Werke häufig gestaltete, mögen ein Grund dafür gewesen sein, dass sie nicht der Zensur zum Opfer fielen, obwohl sie häufig Themen zeigen, die als anstößig galten.
Der auf sämtlichen Plakaten für das Marmorhaus enthaltene Hinweis auf das Kino und seinen Besitzer war der Hauptgrund für den auf ihnen erkennbaren stilistischen Bruch gegenüber den Arbeiten aus Fennekers Debütjahr: Siegbert Goldschmidt wollte sich und sein Kino auf den Plakaten derart prominent verewigt sehen, dass für Angaben zum Regisseur oder den Darstellern häufig nicht mehr genügend Platz blieb.
Die bis dato unübliche Kenntlichmachung des Auftraggebers erweitert die Funktion der Plakate, die nicht mehr nur Filme bewarben, sondern zugleich das Kino, in dem diese zu sehen waren.
Das 1913 eröffnete Marmorhaus galt als renommiertestes Uraufführungskino Berlins. Hier wurden in allen künstlerischen Belangen neue Maßstäbe gesetzt, und die Eintrittsgelder waren mit Abstand die höchsten in der Stadt. Entsprechend groß war Goldschmidts Ehrgeiz, ein einzigartiges Werbeprofil für sein Haus zu entwickeln. Fenneker hatte sich mit seinen Plakaten stilistisch – das heißt bezüglich Farbgebung, Figurengestaltung und der Verwendung dekorativer Elemente – an der expressionistischen Raumgestaltung des Marmorhauses zu orientieren, die von Cesár Klein verantwortet wurde. So übernahm er in seine Entwürfe – mal mehr, mal weniger originalgetreu – dekorative Versatzstücke und Farbakzente aus dem Foyer und dem Zuschauerraum. Vor allem aber korreliert der für Fenneker typisch gewordene Frauentypus auf seinen Plakaten jener Zeit in vielen Details mit den Plastiken von Georg Sieburg, die den Bühnenrahmen im Kinosaal des Marmorhauses schmückten: ovale Kopfform, halb geschlossene Augen, gerade Nase, schmaler Körper mit überlangen Gliedmaßen in eleganter Haltung (»Der Teufel und die Circe«).
Auch die Dekorationen, die Fenneker zwischen 1920 und 1922 für weitere von Goldschmidt geleitete Lichtspielhäuser sowie den Luna-Park in Berlin lieferte, folgten diesem Profil.
Diese produktivste Phase im Schaffen des Plakatkünstlers Josef Fenneker endete abrupt mit dem finanziellen Ruin Goldschmidts: Zum Jahresende 1924 verlor Fenneker seinen bis dahin wichtigsten Auftraggeber.
Neuanfang
1925 gestaltete Fenneker lediglich acht Plakate zu insgesamt vier Filmen. Unabhängig von seiner Bekanntheit und Präsenz im Berliner Stadtbild erschien den großen Verleihfirmen Fennekers außergewöhnlicher und so dezidiert auf das Marmorhaus zugeschnittener Stil für eine überregional einsetzbare, eher gefällige Werbung zunächst wenig geeignet: »Fenneker ist vorzüglich auf das Berlin-W-Publikum eingestellt […], in der Provinz wären seine Plakate unmöglich.« (Hans Klötzel, in: ›Die Reklame‹, Nr. 159, 1923)
Aber schon Fennekers erste Arbeit für die Terra-Film im Jahr 1925 zeigte, über welch breite Stilpalette er verfügte. In dem querformatigen Plakat zu ›Die drei Portiermädel‹ (D 1925, Regie: Carl Boese) bediente er erstmals jene »massentaugliche« Formensprache: Die Farbpalette wurde freundlicher, die opaken Hintergründe und das Expressionistisch-Kantige wichen einer eleganteren Gestaltung der Figuren mit deutlichen Anleihen bei der Modezeichnung. Die dargestellten Frauen mit ihren langen, schlanken Beinen wirken jugendlich und modebewusst (»Die 3 Mannequins«, »Die keusche Susanne«). Ihre Gesichter sind so wenig naturalistisch wie auf den früheren Plakaten gezeichnet, wirken aber aufgrund der nun eher runden Kopfform mit Kurzhaarschnitt, Stupsnase, rotem Schmollmund und übergroßen Kulleraugen deutlich lieblicher – selbst bei düsteren Filmthemen (›Du sollst nicht töten!‹, D 1918, Regie: Eugen Burg). Nur vereinzelt bediente Fenneker sich noch der schwarzen Hintergrundfläche, um die mondäne Welt der Berliner Bohème mit ihren Art-déco- und Jugendstilelementen zum Funkeln zu bringen (»Gräfin Mariza«, »Der Fürst von Pappenheim«). Lustspiele bebilderte er in einem an Comics erinnernden Stil, der mit umgekehrten Größenrelationen und einer quirlig-überdrehten Körpersprache spielt (»Die tolle Lola«, »Im Kampf mit der Unterwelt«). Plakate zu ernsten Sujets gestaltete Fenneker malerischer, mit lockerem Pinselstrich und zurückgenommenen, gebrochenen Farben und Figurenkonstellationen, die die Konflikte der Filmhandlung prägnant wiederspiegeln (»Junges Blut«, »Hölle der Liebe«, »Liebeshandel«).
Bereits auf dem Plakat zu ›Der Mörder Dimitri Karamasoff‹ (D 1931, Regie: Fedor Ozep) kündigt sich Fennekers für die NS-Zeit typischer, vergleichsweise statischer, weniger auf Originalität oder Exzentrik als bisher angelegter Malstil an – allerdings noch in einer realitätsfernen Formensprache, die sich in der perspektivisch verzerrten Umklammerung der Protagonisten und dem mit expressionistischen Details ausgestatteten Kleid manifestiert, unter dem sich ein jenseits von anatomischer Korrektheit gestalteter Körper abzeichnet.
Fennekers Arbeiten in der NS-Zeit
Kurz nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten vollzog Fenneker mit seinen Plakaten – darunter jenen zu ›Spione am Werk‹ (D 1933, Regie: Gerhard Lamprecht) oder ›Schleppzug M17‹ (D 1933, Regie: Heinrich George, Werner Hochbaum) – einen Stilwechsel: Mit breitem Pinselstrich, kräftigen Deckfarben in teils impressionistisch fleckiger Manier zwang er seine Motive in eine fotografisch-realistische Formensprache. Die Plakate wandelten sich gewissermaßen zu Ölgemälden. Von Fennekers bis dahin breit gefächertem Stilmix blieb nach 1933 eine unerwartete Gleichförmigkeit in Komposition und Farbgebung. Obgleich schon seine Entwürfe der späten 1920er-Jahre wesentlich gefälliger waren als seine ersten Plakate, so vermittelten sie doch die schwungvolle Dynamik der Marmorhaus-Zeit. Die meisten von Fennekers Entwürfen aus der NS-Zeit wirken hingegen statisch und unlebendig.
Diese Entwicklung war vor allem den kulturpolitischen Veränderungen geschuldet, die das NS-Regime durchsetzte. Schon Anfang 1934 stand das gesamte deutsche Filmwesen unter staatlicher Kontrolle. Für die Filmplakatkünstler hatte dies eine doppelte Bevormundung zur Folge: Sie wurden zur Mitgliedschaft in der »Reichskammer der Bildenden Künste« gezwungen und mussten darüber hinaus ihre Entwürfe der »Reichsfilmkammer« vorlegen, die unmittelbar dem »Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda« unterstellt war. Zweck dieser Kontrollinstanzen war es vor allem, zu verhindern, dass »Stoffe behandelt werden, die dem Geist der Zeit zuwiderlaufen«, wie es im neuen »Lichtspielgesetz« vom 16. Februar 1934 hieß (Deutsches Reichsgesetzblatt I [RGBl.I], S. 95, Lichtspielgesetz §2, Abs. 5). Neu gegenüber den bisherigen Zensurbestimmungen war, dass nicht mehr nur moralische Aspekte der Filme (zum Beispiel im Hinblick auf ihre jugendgefährdende Wirkung) überprüft wurden, sondern auch ästhetische. Ein Film wurde nun verboten, wenn ihm eine »Verletzung des nationalsozialistischen, religiösen, sittlichen oder künstlerischen Empfindens« unterstellt werden konnte (ebd., § 5). Gleiches galt für die Filmwerbung. Mithilfe der Zensur wurde nun der »Kampf gegen den Kitsch« ausgerufen, mit dem Ziel, der als »jüdisch« gebrandmarkten Reklame der Weimarer Republik eine »deutschen Werbung« entgegenzusetzen (Johannes Kamps: Studien zur Geschichte des deutschen Filmplakats von den Anfängen bis 1945, Wiesbaden 2004, S. 63 und 125).
In diesem Kontext sind auch die 1934 und 1935 von und über Josef Fenneker publizierten Artikel im ›Völkischen Beobachter‹, im ›Film-Kurier‹ und in der ›Gebrauchsgraphik‹ zu sehen, in denen er sich zum »Propaganda-Künstler für gute Filmplakate« (»Propaganda: Fennecker« [sic], in: ›Film-Kurier‹, Nr. 166, 16. Jg., 18.7.1934, Berlin) und als »Kämpfer gegen Kitsch-Plakate« (J. Fenneker: »Kampf gegen Kitsch-Plakate!«, in: Der Film und seine Welt. Wöchentliche Beilage des ›Völkischen Beobachters‹, 118. Ausgabe, 47. Jg., 28.4.1934) vermarkten ließ. Konkret unterschied sich Fennekers Arbeitsstil von dem seiner Kollegen dadurch, dass er auf die bloße Montage von Fotos verzichtete und seine Gestaltung auf filmische Szenen gründete anstatt auf beliebig aneinandergereihte Porträts von Filmstars. In der Beibehaltung dieser künstlerischen Prinzipien blieb Fenneker sich zwar auch während der NS-Zeit treu; dennoch überwiegt bei seinen Plakaten aus jenen Jahren ein unverfänglicher Einheitsstil, der sich auf das exakte Abmalen fotografischer Vorlagen und den Einsatz grell-bunter Farben beschränkt.
Gegenstand dieser Arbeiten waren überwiegend scheinbar unpolitische Unterhaltungsfilme wie ›Hochzeit am Wolfgangsee‹ (D 1933, Regie: Hans Behrendt), ›Sonnenstrahl‹ (A 1933, Regie: Paul Fejos) oder ›Das Lied der Sonne‹ (D 1933, Regie: Max Neufeld). Im Gegensatz zu seinem Kollegen Theo Matejko (1893–1946) vermied Fenneker auf seinen Plakaten Blut-und-Boden-ideologische Bezüge. Abgesehen von seinem Plakat zu dem NS-Propagandafilm ›Hans Westmar. Einer von vielen. Ein deutsches Schicksal aus dem Jahre 1929‹ (D 1933, Regie: Franz Wenzler) mit der Darstellung eines SA-Kämpfers in herrischer Pose gelang es Fenneker weitestgehend, in seinen Werken auf NS-Symbolik zu verzichten.
Seine gestalterische Stärke bewies er nach wie vor bei der Darstellung von Abenteurerthemen: Dramatischer Bildaufbau, perspektivische Finessen und die Verwendung überwiegend gebrochener Farben erinnern hier an seine früheren Schaffensphasen (»Der Schimmelreiter«, »Der Kurier des Zaren«, »Der Student von Prag«).
Als Fenneker 1935 ein Engagement als Bühnenbildner an der Duisburger Oper antrat, nahm die Anzahl der Filmplakate, die er herstellte, rapide ab. Die letzten Arbeiten vor Kriegsende scheinen von seiner Theaterarbeit inspiriert (»Stern von Rio«, »Maske in Blau«): Der Pinselduktus ist lockerer, die Farben pastellig und die Malweise skizzenhaft. Hier schimmern erneut Gestaltungselemente aus den 1920er-Jahren durch, die Fenneker so lange vermieden hatte.
Nachkriegsjahre
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg griff der Plakatkünstler auf frühere Stilelemente zurück. Lediglich zwei Filmplakate sind aus jener Zeit überliefert: »Affaire Blum« (1948) und »Hoffmanns Erzählungen« (1951), Fennekers letztem Plakatentwurf. Mit dem schwarzflächigen Hintergrund, der Skizzenhaftigkeit und der Formensprache des Kleides und der Augenpartie der dargestellten Frau erinnert er stark an den Stil seiner Arbeiten für das Marmorhaus. Auch die »Papierrahmung« tauchte vereinzelt schon in den Marmorhaus-Plakaten auf. Damit schließt sich gewissermaßen der Kreis der Ausdrucksmittel, die Fenneker für seine Plakatkunst entwickelte; Reminiszenz und Synthese fallen hier in eins.
Josef Fennekers unbekümmerter Umgang mit unterschiedlichsten Stilen und Formen macht es schwierig, sein Werk kunsthistorisch eindeutig zu verorten. Eine lineare Stilentwicklung lässt sich in seinen Filmplakaten nicht erkennen, wohl aber Stilwechsel, die jeweils mit veränderten äußeren Umständen einhergingen. In seiner künstlerischen Annäherung an die Handlung eines Films ging Fenneker oft eigene Wege. Damit traf er zwar nicht immer den jeweils herrschenden Geschmack des großen Publikums, von der Kritik jedoch wurde ihm dafür »Stil, wirklichen brausende[r], brandende[r] Kinostil« attestiert (Walter F. Schubert: Das Deutsche Filmplakat, in: Das Plakat, Nr. 10, 11. Jg., Sonderheft: Der Film, Oktober 1920, S. 448).
Angesichts der Fülle von Plakaten, die Fenneker insbesondere in den Jahren vor 1930 schuf, verwundert es nicht, dass er sich hierbei einer gewissen Arbeitsökonomie bediente, indem er einmal entworfene Figurentypen immer wieder variierte. Erst diese Wiederholungen machen Fennekers spezifische Ästhetik greifbar. Besonders prägnant zeigt diese sich in der Typisierung der Frauenfiguren, die sein Plakatwerk dominieren. Als geradezu prototypisch für die Marmorhaus-Ära kann das Filmplakat zu ›Ehrenschuld‹ (D 1921, Regie: Paul Ludwig Stein) gelten: links ein nach oben gereckter Frauenkopf, die Augen halb geschlossenen, der Mund leicht geöffnet, so dass das Weiß der Zähne sichtbar wird, darunter angedeutet der unbekleidete Oberkörper; rechts davon gewissermaßen das Schattenbild dazu: ein von den Plastiken Georg Sieburgs inspirierter, symmetrisch gestalteter, klar konturierter ovaler Frauenkopf mit hochangesetzten, bogenförmigen Augenbrauen und gerader Nase. Verbunden sind diese beiden weiblichen Figuren über einen die Bildmitte dominierenden, von Fenneker oft variierten kubistisch verfremdeten Männerkopf mit verschatteten Augen; typisch für ihn die überlangen, knochigen, spitz zulaufenden Finger der gespreizten Hand rechts im Vordergrund.
Mit dem sich wandelnden Zeitgeschmack und dem Verschwinden der Sittenfilme aus dem Kinoprogramm wurden Fennekers Frauentypen ab Mitte der 1920er-Jahre zwar gefälliger; sie bleiben dabei jedoch maskenhaft und überschaubar im Spektrum ihrer Emotionen. Das gilt besonders für den ab etwa 1925 regelmäßig vorkommenden Typus der Frau mit »Bubikopf«, den Fenneker fast stereotyp mit treuherzigem Augenaufschlag und leicht geöffnetem Mund darstellt. Beobachtungen wie diese verdeutlichen, dass nicht Fennekers Darstellung der Emotionen einzelner Protagonisten die Qualität seiner Filmplakate ausmacht, sondern seine herausragende Fähigkeit, die Essenz einer Filmhandlung in Plakatmotive umzusetzen.
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Monografische Publikationen
Gedächtnis-Ausstellung Josef Fenneker: Maler und Bühnenbildner, Ausstellungskatalog des Instituts für Theaterwissenschaft der Universität Köln im Kunsthaus Bocholt, hg. von Carl Niessen, Bocholt 1959
Bestandsverzeichnis und Ausstellungskatalog: Josef Fenneker: Plakate. Filmplakate, Plakatentwürfe, mit einem Vorwort von Hanna Gagel, Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin 1968
Ausstellungskatalog Goethe-Institut München: Josef Fenneker: 1895-1956. Filmplakate aus der Weimarer Republik, hg. von Gero Gandert und Wolfgang Jacobsen, München 1986; darin: Gero Gandert: »Tauentzien-Rokoko. Filmplakate von Josef Fenneker«, S. 4–7
Unser Bocholt. Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, hg. vom Verein für Heimatpflege Bocholt e.V.: »Josef Fenneker (1895–1956), Plakatkünstler, Pressezeichner, Bühnenbildner«, 42. Jg., Nr. 4, Bocholt 1991; Darin: Harald Buhlan: »Notizen zur künstlerischen Biographie Josef Fennekers«, S. 8–23; darin: Peter Mänz: »›Die Idee des Films empfinden...‹. Anmerkungen zum Plakatwerk Josef Fennekers«, S. 24–30
Holger Kirsch: Die Filmplakate von Josef Fenneker. Die Arbeiten für das Marmorhaus Berlin 1919–1924. Ein frühes Beispiel für Corporate Identity? Abschlussarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magister Artium, vorgelegt dem Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität, 3 Bde., München 2002 (unveröffentlicht)
Unser Bocholt. Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, hg. vom Verein für Heimatpflege Bocholt e.V.: »Josef Fenneker, Plakate – Der Bocholter Bestand«, 65. Jg., Nr. 1 & 2, Bocholt 2014; darin: Holger Kirsch: Die Filmplakate von Josef Fenneker. Die Arbeiten für das Marmorhaus Berlin 1919-1924. Ein frühes Beispiel für Corporate Identity? (gekürzte und überarbeitete Fassung der o.g. Magisterarbeit), S. 50–96; darin: Georg Ketteler: »Josef Fenneker – Leben und Wirken«, S. 97–104
Artikel in Katalogen, Zeitschriften und Tageszeitungen
Heinrich Inheim: »Das Berliner Plakatjahr 1918«, in: Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. für Kunst der Reklame, 10. Jg., Nr. 1, 1919, S. 72–75
Walter F. Schubert: »Das Deutsche Filmplakat«, in: Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. für Kunst der Reklame, 11. Jg., Nr.10, Sonderheft: Der Film, Okt. 1920, S. 443–494
Paul Mahlberg: »Zur Film-Reklame (Buntplakate und Klischeeplakate)«, in: Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. für Kunst der Reklame, 12. Jg., Nr. 3, Sonderheft: Tanz und Musik, März 1921, S. 172–173
Hans Sachs: »Die künstlerischen und kulturellen Werte einer Plakatsammlung, Teil 2«, in: Gebrauchsgraphik. International Advertising Art. Monatsschrift zur Förderung künstlerischer Werbung, hg. von Eberhard Hölscher, München, 8. Jg., Nr. 1, 1931, S. 52–57
[ohne Autor]: »Propaganda: Fennecker (sic!)«, in: Film-Kurier, 16. Jg., Nr. 166, Berlin, 18. Juli 1934, o. S.
Werner Oehlmann: »Bühne als sakraler Raum – Zum Tode von Josef Fenneker«, in: Der Tagesspiegel. Unabhängige Berliner Morgenzeitung, Feuilleton, 12. Jan. 1956, Nr. 3145, S. 4
Volker Pfüller: »Bei Josef Fenneker in der Lehre«, in: Ausstellungskatalog Filmplakate, 2.Teil: 1921–1926 (aus den Beständen des Staatlichen Filmarchivs der DDR), Galerie Mitte Dresden, Dresden 1984, o. S.
Helmut Morsbach: »Ein Berliner Plakatkünstler: Josef Fenneker«, in: Filmspiegel, 33. Jg., Nr. 3, Berlin 1987, S. 24–25
Anke Sterneborg: »Bilder einer übersteigerten Lebenshaltung. Kinoplakate von Josef Fenneker in der Galerie Arndtstraße«, in: Der Tagesspiegel, 20. November 1988, 44. Jg., Nr. 13 120 (Weltspiegel, Sonntagsbeilage), S. XIV, Tagesspiegel/ Der Film
Meret Ernst: Kino-Film-Bild, Deutsche Stummfilmplakate der frühen Zwanziger Jahre, Universität Zürich (unveröffentlichte Lizentiatsarbeit), Zürich 1994
Johannes Kamps: »Josef Fenneker: Grafisches Profil des Berliner Kinos Marmorhaus«, in: Johannes Kamps: Studien zur Geschichte des deutschen Filmplakats von den Anfängen bis 1945, Mainz 1997, S. 301–327
Johannes Kamps: »Josef Fenneker« (Künstlerbiographien), in: Das Ufa-Plakat. Filmpremieren 1918 bis 1943, Ausstellungskatalog, Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin / Österreichische Nationalbibliothek, Wien, hg. von Peter Mänz und Christian Maryška, Heidelberg 1998, S. 131
Johannes Kamps: »Das Kino, der Tanz, der Tod – Filmplakate von Josef Fenneker«, in: L'art macabre. Jahrbuch der europäischen Totentanzvereinigung, Bd. 6, 2005, S. 94–110
Texte von Josef Fenneker
Josef Fenneker: »Gnädigste Plakat-Freund-Tante!« (handschriftliche Selbstbiografie), in: Handbücher der Reklamekunst, Bd. IV, Unsere Plakatkünstler, hg. von Hans Sachs, Berlin 1920, S. 22–23
Josef Fenneker: »Kampf gegen Kitsch-Plakate! Josef Fenneker plaudert über Reklamemalerei«, in: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands, Berliner Ausgabe, 118. Ausgabe, 47. Jg., Berlin, Sonnabend, 28. April 1934, Der Film und seine Welt. Wöchentliche Beilage des Völkischen Beobachters, o. S.
Josef Fennecker (sic!): »Vom Modell bis zum Plakatanschlag«, in: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands, Berliner Ausgabe, 146. Ausgabe, 47. Jg., Berlin, 26. Mai 1934, Der Film und seine Welt. Wöchentliche Beilage des Völkischen Beobachters, o. S.
Joseph (sic!) Fenneker: [Beitrag ohne Titel], in: Gebrauchsgraphik. International Advertising Art. Monatsschrift zur Förderung künstlerischer Werbung, hg. von Eberhard Hölscher, München, 12. Jg., Nr. 4, 1935, S. 2–11
»Maschinenschriftlicher Lebenslaufs von Josef Fenneker. Abschrift«, in: Unser Bocholt. Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, hg. vom Verein für Heimatpflege Bocholt e.V.: »Josef Fenneker, Plakate – Der Bocholter Bestand«, 65. Jg., Nr. 1 und 2, Bocholt 2014, S. 105
Anmerkungen
Die vorliegende Bibliografie ist chronologisch geordnet. Sie enthält auch Ausstellungskataloge, sofern sie Fenneker gewidmet sind. Artikel aus Zeitschriften, Zeitungen, Katalogen oder Filmplakat-Publikationen wurden nur aufgenommen, wenn sie sich monografisch oder in eigenständigen Kapiteln mit dem Leben und Werk Fennekers beschäftigen. Nicht berücksichtigt wurden Lexika-Beiträge und all jene Publikationen, die lediglich auf Fenneker hinweisen und/oder sich auf die Reproduktion seiner Werke beschränken. Von Fenneker selbst verfasste Texte, die auch publiziert wurden, finden sich am Ende der Bibliografie.
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Texte: Karin Herbst-Meßlinger, Holger Kirsch, Matthias Struch
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Langzeitarchivierung: Volkmar Ernst
Dank an
Rolf Aurich, Annette Groschke, Christiane Grün, Daniel Meiller, Andrea Ziegenbruch (alle Deutsche Kinemathek); Guido Altendorf (Filmmuseum Potsdam), Prof. Monika Hagedorn-Saupe und Axel Ermert (Institut für Museumsforschung), Stefanie Eckert und Ralf Schenk (DEFA-Stiftung), Georg Ketteler (Stadtmuseum Bocholt), Anke Wilkening (Friedrich-Wilhelm Murnau-Stiftung)
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