
Paul Kohner
; Kohner, Paul (Agency); Paul Kohner Agency
Agent (Beruf), Produzent
* in Teplitz-Schönau
† in Los Angeles
Der Sohn eines jüdischen Fabrikanten und Kinobesitzers gelangte durch den Filmproduzenten Carl Laemmle 1920 in die USA, arbeitete ab 1931 als Produktionsleiter der European Universal, verließ 1933 mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Lupita Tovar, Berlin und zwei Jahre später Europa. 1938 eröffnete er am Sunset Boulevard seine Vermittlungsagentur und gründete den „European Film Fund“ gemeinsam mit Ernst Lubitsch, Wilhelm Dieterle und weiteren mit, um Emigranten durch Affidavits, Bürgschaften und pro-forma-Verträge zu helfen. Paul Kohner und dessen Agentur in Hollywood gelten bis heute als zentraler Dreh- und Angelpunkt des deutschsprachigen Filmexils der 1930er/1940er-Jahre in den USA. Auch nach 1945 verkörperte die Agentur Kohner einen Brückenschlag zum bundesrepublikanischen Filmschaffen.
Über den Bestand
Bei dem 1988 erworbenen Nachlass der Paul Kohner Agency handelt es sich um den umfangreichsten Bestand im Personenarchiv der Deutschen Kinemathek. Er dokumentiert einen wesentlichen Teil der deutschsprachigen Filmemigration in den USA und deckt die Phase von 1937 bis 1977 ab. Die insgesamt etwa 155.000 Einzelblätter setzen sich aus Korrespondenzen, Verträgen, Skripten und Fotos zusammen, darunter einzelne – auch persönliche – Dokumente aus den 1920er- und frühen 1930er-Jahren. Nicht zuletzt gehört eine autobiografische Skizze Kohners dazu. Die rund 5500 Konvolute bestehen zum Großteil aus Klientenakten, insbesondere Lebensläufen, Visadokumenten, Abrechnungen, Verträgen und Kritiken. Sie enthalten ebenso Akten zu Filmprojekten sowie Skripte (von Drehbüchern, Treatments bis zu Lektorengutachten, beispielsweise zu Fritz Langs ›Hangmen Also Die‹ von 1943 oder Max Ophüls‘ ›Letter from an Unknown Woman‹ von 1948). Unzählige bürointerne Mitteilungen gewähren detaillierten Einblick in die tägliche Agenturarbeit und werden von knapp 500 Konvoluten mit Fotos ergänzt. Auch Materialien zur Gründung und Arbeit des European Film Fund gehören zum Archiv. Der Bestand stellt einen zentralen Fundus für die Exilforschung allgemein und insbesondere für das Filmemigration dar und repräsentiert den Exodus der deutschsprachigen Filmkünstler*innen der Weimarer Republik. (Text: Jennifer Borrmann)