Der Themenkomplex »Exil und Film« ist in den letzten Jahrzehnten intensiv erforscht worden – vor allem mit Blick auf die Jahre zwischen 1933 und 1945. Allerdings ist der Exilfilm kein rein historisches Phänomen, sondern reicht weit in die Gegenwart hinein.
Die deutsche Filmgeschichte beschreibt bisher mit dem Begriff »Filmexil« die Auswirkungen nationalsozialistischer Filmpolitik auf die Biografien der Filmschaff enden, die nach der Machtübergabe aus Deutschland vertrieben wurden, sich in europäischen und transatlantischen Filmproduktionen mehr oder weniger etablierten und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Remigration entschieden. Heike Klapdor setzt an diesem filmhistorischen Punkt an, doch geht sie darüber hinaus. Sie trägt mit ihren filmanalytischen Studien zu einer Theorie des Exilfilms bei, dessen Relevanz und Entwicklungslinien bis weit in die heutige Zeit hineinreichen. Der Bogen, der so gespannt wird von ›La crise est finie!‹ (1934) über den deutschen und italienischen Nachkriegsfilm bis hin zu Wim Wenders, Lars von Trier und Christian Petzold, zeigt, wie stark Filme die Generalerzählung »Exil« variieren. Die globale und universelle Erfahrung »Exil« erweist sich dabei als eine der zentralen Erzählungen des 20. Jahrhunderts. Exil ist eine Krisenerfahrung. Die Filme tragen die Signatur der Krise. Sie führen Krisensymptome, Krisenreflexionen und Krisenlösungen vor Augen. Sie entspringen nicht der Exilgeschichte im engeren Sinn, sondern der dynamischen Erfahrung »Exil«.