Mehrfarbige Pfeile zeigen nach oben auf einer schwarzen Fläche.

Animation as action and activism

Film Restored
Präsentation
Screening
Fr 24.10.25, 11:30

Si̇nema Transtopia

Werkstattbericht und Filmprogramm
 

Vortrag 1
The fusion of political and aesthetic radicalism in Helmut Herbst’s animated film practice 

Masha Matzke, Paul Marie (Deutsche Kinemathek)

Der experimentelle Animations- und Dokumentarfilmemacher, Professor und Produzent Helmut Herbst (1934–2021) gilt als eine der Schlüsselfiguren des »Anderen Kinos« sowie als Wegbereiter im Kampf um den Erhalt des unabhängigen Films und der Frühgeschichte des Kinos. Herbst erklärte die Geschichte ästhetisch-politischer Aufstände zum Lieblingsthema seiner Filmpraxis, die er gemäß seinem Konzept der »animatorischen Freiheit« vordergründig als eine Form des Aktivismus definierte. In der Verschmelzung von gesellschaftlichem Protest und radikaler Kunst sah Herbst einen direkten Brückenschlag zwischen dem Berliner Dadaismus und dem »Anderen Kino« der 1960er Jahre. Für Herbst lag die Kraft beider Bewegungen in der Fähigkeit, radikale Umwälzungen im politischen Denken mit der Bildung neuer Sehgewohnheiten gleichzusetzen.

Das anschließende Programm gibt einen Einblick in Herbsts eindrucksvolle Zeichentrickarbeit sowie Legetricktechnik seiner ersten politischen Satiren, die nicht nur Papiercollagen, sondern ein politisch-ästhetisches Bewusstsein zu animieren versuchten. Ebenso wird Herbsts einzigartiges Trickfilmstudio cinegrafik vorgestellt, welches sich seit 2022 im Bestand der Kinemathek befindet. 

 

Vortrag 2
Animation in a hurry: the film drawings by Ton van Saane

Leenke Ripmeester (EYE)

Analoge Animationsfilme sind gern rasant und actionreich, der ihnen zugrunde liegende Arbeitsprozess ist aber das genaue Gegenteil. Den niederländischen Filmemacher Ton van Saane (1930–1973) hat das so frustriert, dass er eine Technik entwickelte, die die Spontanität des kreativen Prozesses gleich mit abbildete. Diese Herangehensweise nannte er »Filmzeichnungen«: Seine Geschichten entstehen gleichsam live vorm Auge des Publikums: Er zeichnet, radiert aus und setzt neu an, ähnlich einer filmischen Zaubertafel. Dabei nimmt er mit der Kamera ein Bild pro Sekunde auf, was bei einer Projektion von 24 Bildern pro Sekunde zu einer erheblichen Beschleunigung führt. So entstehen Filme, die den Filmemacher in hastiger Aktion zeigen! Doch auch die Zusehenden müssen sich an diese Eile anpassen, um bei den Zeichnungen und Geschichten Schritt halten zu können. Leenke Ripmeester präsentiert drei Werke von van Saane und erläutert seine ganz eigenen Techniken.


Film
›Tanz der Farben‹

D 1939, Hans Fischinger, 8 min
Einführung: Thomas Worschech (DFF)
In englischer Sprache

Wann Fr 24.10.25, 11:30
Wo

Si̇nema Transtopia

Zusatzinfos im Slider

Details zur Veranstaltung

Helmut-Herbst-Animationsfilmprogramm

›Schwarz-Weiß-Rot‹

Helmut Herbst, BRD 1964 

Der Animationsfilm aus Collagen ist Helmut Herbsts wütende Antwort auf die Forderung der BILD-Zeitung, den damaligen Leiter des NDR-Fernsehmagazins Panorama, Gert von Paczensky wegen seiner regierungskritischen Beiträge abzusetzen. Paczensky gilt als Vorreiter kritisch-subversiver Berichterstattung und beschäftigte Klaus Wildenhahn und Helmut Herbst. 

 

›Kleine Unterweisung zum glücklichen Leben‹

Helmut Herbst, BRD 1963

Ein Animationsfilm aus Collagen. Mit einem Filmtext vom Lyriker und linken Essayisten Peter Rühmkorf. Eine Satire auf die Werbesprache.

 

›Sieben einfache Phänomene‹

Helmut Herbst, BRD 1984

Gezeichnete Porträts eines Mannes mit Bart. 1985 erhielt er das Filmband in Silber.

Die Filme wurden 2024 in 4K Auflösung digitalisiert und in 2K restauriert Ausgangsmaterialien waren 35-mm-Originalnegative und Ton-Originale. Die Digitalisierung wurde ermöglicht durch das Förderprogramm Filmerbe (FFE).

Masha Matzke

ist eine in Berlin lebende Filmrestauratorin, Forscherin und Kuratorin mit einem Fokus auf frühes und experimentelles Kino. Sie hat Abschlüsse in Filmwissenschaft von der Freien Universität Berlin und in Filmrestaurierung von der Jeffrey Selznick School of Film Preservation in Rochester (New York). Matzke ist seit 2017 im Filmarchiv der Deutschen Kinemathek tätig, aktuell als Filmrestauratorin im Projekt Förderprogramm Filmerbe (FFE). Sie hat Filmreihen u. a. am Anthology Film Archives, Harvard Film Archive, an der Cinémathèque québécoise und im Kulturzentrum TIFF Lightbox präsentiert. Sie ist die Herausgeberin der ersten »Dore O.«-Monografie und schreibt in ihrer freien Zeit über experimentelles Kino.

Paul Marie

ist seit fünf Jahren für die Deutsche Kinemathek tätig und absolvierte dort von 2022 bis 2024 das zweijährige Traineeship im analogen Sammlungsmanagement des Filmarchivs. Weitere praktische Erfahrungen sammelte er in den Filmarchiven des EYE Filmmuseum (Amsterdam, Niederlande) und des Filmarchivs Austria. Zuletzt schloss er im September 2025 sein Studium der Restaurierung und Konservierung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) ab.

Ton-van-Saane-Animationsfilmprogramm

›De held‹

Ton van Saane, NL 1969

Das Leben ist voller Rückschläge, selbst bei etwas so Einfachem wie mit dem Fahrrad zum Bahnhof zu fahren. Aber unser Protagonist gibt nicht so leicht auf.

 

›Oma komt‹

Ton van Saane, NL 1969

Ein kleiner Junge begleitet seine Mutter zum Bahnhof, um seine Großmutter abzuholen. Aber was ist eigentlich der Grund für den Besuch der Oma? Für diesen Film wurde keine Filmmusik komponiert. Ton van Saanes Sohn Fokke füllte diese Lücke und fügte 2022 einen Soundtrack hinzu.

 

›In het zigt van de hafe‹

Ton van Saane, NL 1969

Drei miteinander verwobene Geschichten: ein Radfahrer, der fast einen Berggipfel erreicht; ein Schiffbrüchiger, der einem Boot in der Ferne zuwinkt; und ein Mann in einem Büro, der sich auf den Feierabend freut. Aber was wird wohl als Nächstes passieren?

 

Regie, Kamera, Schnitt: Ton van Saane

Ohne Dialoge

Originalformat: 16 mm, 4:3, Farbe
Vorführkopie: DCP, 16 min
 

Die Duplikatnegative der 16-mm-Original-Umkehrkopien von ›De held‹ und ›In het zigt van de hafe‹ wurden in HD gescannt, ebenso wie die Original-Tonperforation. Für ›Oma Komt‹ wurde die Original-16-mm-Umkehrkopie gescannt.

Leenke Ripmeester

ist seit 2007 Kuratorin am Eye Filmmuseum (Amsterdam, Niederlande). Zu ihren Schwerpunkten gehören Animationsfilme, beispielsweise aus den Sammlungen des Geesink- und Toonder-Studios und den Puppetoons von George Pàl. 2006 schloss sie ihre Doktorarbeit über Musikvideos und Jugendkulturen an der Universität von Amsterdam ab. Derzeit liegen ihre Forschungsschwerpunkte auf Filmen aus den Niederländischen Antillen und dem Werk des niederländischen Animationspioniers George Debels.

 

Tanz der Farben

›Tanz der Farben‹ ist ein abstraktes Spiel mit Farben, Formen und Musik: Bunte Punkte, Linien und Flächen bewegen sich im Rhythmus der Musik. Der Film ist der erste und einzige Film von Hans Fischinger, der die Jahre zuvor für seinen Bruder, den Zeichentrickpionier Oskar Fischinger, arbeitete. Der Kurzfilm feierte seine Premiere als Vorprogramm am 26. Februar 1939 und lief zwei Wochen mit großem Erfolg. Im Anschluss wurde der Film von der regimenahen Tobis Filmkunst GmbH gekauft und bis Kriegsende nicht mehr gezeigt.

R, K, B, S, Prod: Hans Fischinger

Originalformat: 35 mm, 1:1,37, Farbe
Vorführkopie: DCP, 8 min, Deutsches Filmmuseum und Filminstitut, Frankfurt a.M.
 

Die 156 Meter lange Kopie aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv erwies sich als vollständig und diente als einziges Ausgangsmaterial. Die Digitalisierung fand in Kooperation mit dem Institut für Filmwissenschaft der Universität Zürich statt. Für die Arbeiten konnte der multispektrale Scanner »Scan2Screen« verwendet werden, welcher eine digitale Umwandlung des Materials ohne nachträgliche Licht- oder Farbbestimmung ermöglicht.

Thomas Worschech

Thomas Worschech studierte Volkswirtschaftslehre und leistete Freie Mitarbeit bei verschiedenen Museen. Seit 1999 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum sowie Leiter des Filmarchivs und der filmtechnischen Sammlung. Seine Beschäftigungsfelder sind Filmrestaurierungen sowie DVD-Produktion, weiterhin Mitarbeit an und Konzeption von filmhistorischen Ausstellungen und Filmreihen, dazu Katalogredaktion und Veröffentlichungen zum deutschen Film. Seit 2013 zeichnet er verantwortlich für die Digitalisierungsprojekte des DFF.

prev
next

Details zur Veranstaltung

Helmut-Herbst-Animationsfilmprogramm

›Schwarz-Weiß-Rot‹

Helmut Herbst, BRD 1964 

Der Animationsfilm aus Collagen ist Helmut Herbsts wütende Antwort auf die Forderung der BILD-Zeitung, den damaligen Leiter des NDR-Fernsehmagazins Panorama, Gert von Paczensky wegen seiner regierungskritischen Beiträge abzusetzen. Paczensky gilt als Vorreiter kritisch-subversiver Berichterstattung und beschäftigte Klaus Wildenhahn und Helmut Herbst. 

 

›Kleine Unterweisung zum glücklichen Leben‹

Helmut Herbst, BRD 1963

Ein Animationsfilm aus Collagen. Mit einem Filmtext vom Lyriker und linken Essayisten Peter Rühmkorf. Eine Satire auf die Werbesprache.

 

›Sieben einfache Phänomene‹

Helmut Herbst, BRD 1984

Gezeichnete Porträts eines Mannes mit Bart. 1985 erhielt er das Filmband in Silber.

Die Filme wurden 2024 in 4K Auflösung digitalisiert und in 2K restauriert Ausgangsmaterialien waren 35-mm-Originalnegative und Ton-Originale. Die Digitalisierung wurde ermöglicht durch das Förderprogramm Filmerbe (FFE).

Masha Matzke

ist eine in Berlin lebende Filmrestauratorin, Forscherin und Kuratorin mit einem Fokus auf frühes und experimentelles Kino. Sie hat Abschlüsse in Filmwissenschaft von der Freien Universität Berlin und in Filmrestaurierung von der Jeffrey Selznick School of Film Preservation in Rochester (New York). Matzke ist seit 2017 im Filmarchiv der Deutschen Kinemathek tätig, aktuell als Filmrestauratorin im Projekt Förderprogramm Filmerbe (FFE). Sie hat Filmreihen u. a. am Anthology Film Archives, Harvard Film Archive, an der Cinémathèque québécoise und im Kulturzentrum TIFF Lightbox präsentiert. Sie ist die Herausgeberin der ersten »Dore O.«-Monografie und schreibt in ihrer freien Zeit über experimentelles Kino.

Paul Marie

ist seit fünf Jahren für die Deutsche Kinemathek tätig und absolvierte dort von 2022 bis 2024 das zweijährige Traineeship im analogen Sammlungsmanagement des Filmarchivs. Weitere praktische Erfahrungen sammelte er in den Filmarchiven des EYE Filmmuseum (Amsterdam, Niederlande) und des Filmarchivs Austria. Zuletzt schloss er im September 2025 sein Studium der Restaurierung und Konservierung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) ab.

Leenke Ripmeester

ist seit 2007 Kuratorin am Eye Filmmuseum (Amsterdam, Niederlande). Zu ihren Schwerpunkten gehören Animationsfilme, beispielsweise aus den Sammlungen des Geesink- und Toonder-Studios und den Puppetoons von George Pàl. 2006 schloss sie ihre Doktorarbeit über Musikvideos und Jugendkulturen an der Universität von Amsterdam ab. Derzeit liegen ihre Forschungsschwerpunkte auf Filmen aus den Niederländischen Antillen und dem Werk des niederländischen Animationspioniers George Debels.

 

Zu Tanz der Farben

›Tanz der Farben‹ ist ein abstraktes Spiel mit Farben, Formen und Musik: Bunte Punkte, Linien und Flächen bewegen sich im Rhythmus der Musik. Der Film ist der erste und einzige Film von Hans Fischinger, der die Jahre zuvor für seinen Bruder, den Zeichentrickpionier Oskar Fischinger, arbeitete. Der Kurzfilm feierte seine Premiere als Vorprogramm am 26. Februar 1939 und lief zwei Wochen mit großem Erfolg. Im Anschluss wurde der Film von der regimenahen Tobis Filmkunst GmbH gekauft und bis Kriegsende nicht mehr gezeigt.

R, K, B, S, Prod: Hans Fischinger

Originalformat: 35 mm, 1:1,37, Farbe
Vorführkopie: DCP, 8 min, Deutsches Filmmuseum und Filminstitut, Frankfurt a.M.

Infos zur Restaurierung

Die 156 Meter lange Kopie aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv erwies sich als vollständig und diente als einziges Ausgangsmaterial. Die Digitalisierung fand in Kooperation mit dem Institut für Filmwissenschaft der Universität Zürich statt. Für die Arbeiten konnte der multispektrale Scanner »Scan2Screen« verwendet werden, welcher eine digitale Umwandlung des Materials ohne nachträgliche Licht- oder Farbbestimmung ermöglicht.

Thomas Worschech

Thomas Worschech studierte Volkswirtschaftslehre und leistete Freie Mitarbeit bei verschiedenen Museen. Seit 1999 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum sowie Leiter des Filmarchivs und der filmtechnischen Sammlung. Seine Beschäftigungsfelder sind Filmrestaurierungen sowie DVD-Produktion, weiterhin Mitarbeit an und Konzeption von filmhistorischen Ausstellungen und Filmreihen, dazu Katalogredaktion und Veröffentlichungen zum deutschen Film. Seit 2013 zeichnet er verantwortlich für die Digitalisierungsprojekte des DFF.

prev
next

Über das Festival

Weitere Veranstaltungen

Weitere Veranstaltungen